In dieser Rubrik zeige ich Lithografien, handcolorierte Ansichtskarten und historische schwarz-weiss Fotografien aus dieser besonderen Region. Hier entstand im 19. Jahrhundert in wenigen Jahrzehnten das damals europaweit führende industrielle Ballungszentrum.
Begonnen hatte die industrielle Revolution einst im Wuppertal, wo aus dem idyllischen Flusstal mit Barmen und Elberfeld zunächst durch die Metall- und Textilindustrie geprägte erste Industriestädte nach englischem Vorbild entstanden.
Antrieb war zunächst die Wasserkraft aus den Flüssen des Bergischen Landes, mit dem Fund von Steinkohle bei Witten beschleunigte sich die Entwicklung der Region schnell. Aus dem engen Tal verlagerten sich die, vom Hunger nach Kohle und Stahl getriebenen, Investitionen zunehmend nach Norden in das bis dahin stille Ruhrtal und hinunter zum Rhein. Unzählige Zechen und Hüttenwerke entstanden in kürzester Zeit und zogen die Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus an. Kleine stille Orte wandelten sich innerhalb weniger Jahrzehnte zu prosperierenden Industriegroßstädten. So entstand ein gigantisches Ballungsgebiet, wo die Stadtgrenzen zwischen Krefeld und Dortmund, von Köln bis Recklinghausen verwischt wurden, um ein einziges Zentrum der Schwerindustrie mit allen Facetten entstehen zu lassen.
Dabei entwickelten sich bis heute bekannte Ikonen der deutschen Industriegeschichte, wie Krupp in Essen, der Bochumer Verein, Thyssen, Stinnes, Klöckner und Haniel in Duisburg und Mülheim, die Ruhrkohle AG, die Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke (RWE), Mannesmann in Düsseldorf, Hoesch und Union in Dortmund, Bayer in Elberfeld und Leverkusen. Die ganze Region wurde von rauchenden Schornsteinen, den Feuern der Hochöfen, den Türmen der Zechen und den Wohnsiedlungen der Arbeiter dominiert.
Dortmund mit seinen Brauereien löschte in großem Maßstab den Durst der Arbeiterschaft. (Sprichwort aus der Zeit „Was Krupp in Essen is Dortmund in Trinken“)
Die verkehrsgünstige günstige Lage an Rhein, Ruhr, Emscher und Lippe wurde mit zahlreichen Kanalprojekten (u.a. Dortmund-Ems-Kanal, Datteln-Hamm-Kanal oder Weser-Datteln-Kanal) noch unterstützt und verbessert. Dadurch entwickelte sich an der Ruhrmündung in Duisburg der größte Binnenhafen Europas von dem Rohstoffe und Waren verschifft wurden und die Attraktivität des Gebietes weiter stärkten.
Unterbrochen wurde die boomende Entwicklung erstmals nach dem Ersten Weltkrieg, als das Ruhrgebiet von Frankreich besetzt wurde, dann durch die verheerenden Bomben des Zweiten Weltkriegs. Nach einer Auferstehung während der Wirtschaftswunderjahre setzte ein stetiger, von Zechensterben und Betriebsschließungen in der Stahlindustrie, gekennzeichneter Niedergang der Metropolregion ein. Bis Heute hat das Ruhrgebiet mit den Folgen der unwiederbringlichen Deindustrialisierung, Abwanderung und Armut zu kämpfen.
Genau das macht die Region für mich interessant, Aufstieg und Fall wie hier in Berlin. Zerstörte Städte, welche lieblos nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden, wo ich den Kontrast zu den damals prächtigen Gründerzeitfassaden der lebendigen Innenstädte nur noch auf diesen historischen Postkarten finden kann.
Ich bewege mich oft und gern auf den Spuren dieser Vergangenheit mit dem Rad durch diese Städte und finde dabei auch viel Mut die Dinge zu ändern, sei es durch tolle Radwege auf ehemaligen Bahntrassen oder dem Erhalten stillgelegter Industrieanlagen und der Neuansiedlung von Hochschulen und Zukunftsindustrie. Erstaunlich für Besucher ist auch das viele Grün, welches zunehmend die Region erobert.
Revierstädte dominiert von qualmenden Schloten, Zechen, Bahn-und Hafenanlagen auf colorierten Lithografien und Künstlerkarten 1897-1906
Beginnen möchte ich mit einigen Lithografien vor oder um 1900, welche Stadtlandschaften mit rauchenden Schloten zeigen. Damals wurden die Mitteilungen noch auf die Bildseite „gekritzelt“, weil die ausschließlich Rückseite für Adresse und Briefmarke vorgesehen war. Interessante Nachrichten darauf, wie auch manche Adressseiten füge ich mit an. Es wurde ja auf den Postkarten meist mit Bleistift geschrieben und da der es wenig Platz für die Mittelungen gab, auch sehr klein und eng, aber vieles ist nach über 100 Jahren immer noch lesbar! Ich finde das schon erstaunlich und es macht auch Spaß die Sütterlin Schrift zu entziffern. Genau so ein Beispiel zeige ich mit der ersten Litho in dieser Gruppe:

Der berühmte Bochumer Verein war damals Vorreiter in der industriellen Herstellung von Gußstahl unter Führung des innovativen Jacob Mayer, einem erbitterten Konkurrenten des benachbarten Alfred Krupp in Essen.
Auf der Postkarte habe ich mit einiger Mühe die extrem klein geschriebene Nachricht entziffern können und möchte diese als einen kleinen menschlichen Blick zurück preisgeben: Liebe Lina, Besten Dank für die erhaltenen Karten. Sie haben mich sehr erfreut und ich hoffe auch fernerhin mich dadurch zu erfreuen. Gestern war ich zur Musterung und bin sofort bei den Eisenbahnern festgeschrieben. Ferner muß ich Dir mitteilen, das meine jüngste Schwester Emilie heute morgen um 2 Uhr von Ihren Leiden erlöst ist und am Sonntag beerdigt wird. Sei vielmals gegrüßt und in Gedanken geküßt, von dein dich liebenden und tief betrübten Herrmann



Mein lieber Lichte!
Ihre Karte habe ich erhalten. Besten Dank Bitte Sie mich mit meinem Kommandant … bekannt zu machen. Ich habe vernommen, daß ich nach Cuxhaven komme. Wenn dieses der Fall ist da könnte ich mein Gepäck schon dorthin senden, damit ich keine Überfracht von W’haven nach Cuxhaven zu zahlen bräuchte. Also bitte um möglichst baldige Nachricht, da ich nochmals nach Kiel fahre (am 1. Nov.) Mit bestem Gruß , auch an Frl. Braut Ihr Böhm
Erstaunlich aus heutiger Sicht ist vor allem die Schnelligkeit der Sendung welche in Schalke am 23.10. 1899 in der Zeitspanne 2-3 N abgestempelt wurde und schon am selben Tag mit dem Wilhelmshavener Stempel 11-12 N markiert wurde.



Um Ihrer Sammellust zu dienen, sende ich Ihnen dieses Kärtchen. Die besten Grüße von hier erlaubt sich Ihnen zu senden Paul Reichelt





Weitere colorierte Lithografien der Region mit Bahnhöfen, Lokalen, Bauwerken und Landschaften 1897-1904
Weiter geht die Reise in die Vergangenheit der Region mit colorierten Lithografien, ich zeige bedeutende technische und kulturelle Bauwerke welche bis in die Gegenwart von Optimismus und Aufbruchstimmung, Wohlstand und Stolz der Industriebarone (und Städte) zeugen. Neben den allgegenwärtigen Schornsteinen und Hütten und Zechen gab es aber auch schon damals Oasen der Ausflugskultur im Revier, wo man sich Sonntags traf und mit Vorliebe auch Postkarten an die Lieben versendete. Auch davon habe ich eine kleine Auswahl in dieser Rubrik.

Liebe Meta, Deinem Wunsche gemäß sende ich Dir von hier die herzlichsten Grüsse Adelheid, in der Bahn habe ich gestern geschwebt
Die Wuppertaler Schwebebahn verbindet seit 1901 die erst 1929 vereinten Städte Barmen, Elberfeld und Vohwinkel auf einer spektakulären und weltweit einzigartigen 13 km langen Trasse , welche meist direkt über der Wupper entlang führt. Sie ist das Wahrzeichen der „Bergischen Metropole“ und ein kraftvolles Symbol der Zeit. Der abgebildete Bahnhof (im Volksmund damals Wuppertaler Badewanne genannt, heute Wuppertal-Hauptbahnhof/ Döppersberg) existiert nicht mehr, die Schwebebahn fährt hier seit 1926 durch das Köbo-Haus. Viele der historischen Schwebebahnhöfe sind nicht mehr erhalten, es gibt stattdessen auch einige spektakuläre Neubauten wie Ohligsmühle in Elberfeld oder Alter Markt in Barmen.


Soeben passierte ich auf der Fahrt Remscheid-Solingen die vor 14 Tagen eröffnete, in allen Zeitungen mit Recht gerühmte höchste und großartigste Brücke Deutschlands – die Müngstener …
Neben der schon erwähnten Wuppertaler Schwebebahn ist die Müngstener Brücke ein weiteres herausragendes technisches Denkmal dieser Epoche in der Region. Diese 107 m hohe Stahlbogenbrücke überspannt zwischen den beiden Bergischen Industriestädten das tief eingeschnittene Wuppertal.
Ich selbst habe das schöne Tal von Remscheid kommend im Herbst 2023 mit dem Rad durchquert, dabei die Brücke passiert und den anschließenden langen Aufstieg nach Solingen gemeistert (siehe Tourenreport). Leider gibt es keinen Radweg oben auf der Brücke.







Giganten der Montanindustrie im Herzen des Reviers (Lithografien, colorierte und s/w Fotografien) 1907-1937






Blick auf und in die Innenstädte, meist colorierte Fotokarten und Lichtdrucke 1903-1925
















Trümmer, Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Nachkriegsjahre an Rhein und Ruhr













Weitere Ansichten veröffentliche ich nach und nach, dann gebe ich einen Hinweis bei Aktuelles