Berliner Ansichten; Weltstadt, Bezirke, Vororte und Ausflüge

In diesem Fenster gibt es ein breites Spektrum historischer Ansichten meiner Stadt in verschiedenen Epochen, von der Kaiserzeit bis in die Nachkriegszeit, zu betrachten. Es handelt sich um eine kleine Auswahl aus meinem Archiv, mehr davon habe ich in meinen beiden Berlin Büchern veröffentlicht. Weitere Motive werde ich nach und nach einfügen und dies unter Aktuell vermerken.

Für Berlin begann mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871, unter preußischer Führung, als dessen Hauptstadt ein rasanter Aufstieg zur Weltstadt und gleichzeitig zur größten Industriestadt Deutschlands. Die boomende Stadt war wie ein Magnet, welcher die Menschen aus dem ganzen Reich anzog und für ein unglaubliches Wachstum sorgte. Dabei wurde sogar die bis dato im deutschsprachigem Raum führende Stadt Wien übertrumpft und Berlin von dort aus betrachtet zum bewunderten und gleichzeitig verachteten „Emporkömmling“. Das traf genauso auf andere historische deutsche Metropolen wie Köln, Frankfurt, Leipzig, Nürnberg oder München zu.

Pariser Platz um 1905; colorierte Fotografie

Starten möchte ich mit einigen Lithografien aus der Kaiserzeit um die Jahrhundertwende, welche das großstädtische Leben in der Stadt zeigen. Anschließend zeige ich pulsierende Straßenszenen auf colorierten Fotokarten. Weiter geht es in die Vorstädte, welche sich schnell zu selbstbewussten eigenen Großstädten entwickelten (Charlottenburg, Schöneberg, Rixdorf usw.). 1920 wurde ja dann mit dem Gross-Berlin-Beschluss alles unter einer Verwaltung gedeckelt und so entstand eine Stadt von 4 Millionen Einwohnern, welche in den damals gezogenen Grenzen bis heute besteht, inzwischen tendieren die Berliner wieder in Richtung dieser Marke.

Dann geht es hinaus ins Grüne, welches die Städter ganz besonders zur Kaiserzeit an den wenigen freien Tagen für ein einen Ausflug nutzten. Stralau, Treptow, Grunewald, Wannsee, Tegel, Müggelsee und Grünau gehörten zu den bevorzugten Zielen, welche damals einem rechten Massenansturm gewachsen sein mussten. Dank der Bahnlinien führte es die Berliner Ausflügler auch weiter bis Potsdam, in das Havelland und in den Barnim. Hier liegt der Schwerpunkt wieder auf Lithografien, welche alle um die Jahrhundertwende hergestellt und versendet wurden.

Abschließend zeige ich noch einige Ansichten aus der Nachkriegszeit der nun geteilten Stadt.

 

Lithografien und Künstlerkarten aus der Berliner Innenstadt 1897-1906

Gruss aus Berlin; Victoriapark mit Berolina und Wasserfall, 1902 nach Kiew versendet. Die Berolina Statue (von Emil Hundrieser, Sinnbild der Stadt) stand von 1895 bis 1942 auf dem Alexanderplatz, der Victoriapark mit Befreiungsdenkmal und Wasserfall ist bis heute einer der beliebtesten innerstädtischen grünen Oasen.
Cafe Monopol in der Friedrichstraße; 1901 innerhalb des Habsburger Reichs von Triest in die Krain versendet, deshalb hier auch die Adressseite mit KuK Briefmarke und Stempeln

Straßenszene am Potsdamer Platz mit Potsdamer Bahnhof; 1903 innerhalb Berlins versendet (eine der vielen damals im Verlag A. Jandorf & Co. für das Kaufhaus Jandorf, Berlin hergestellten Lithos).
Jannowitzbrücke mit Ausflüglern; Auf der Brücke Straßenbahn und Pferdekutsche, links oben eine Dampflok auf dem Stadtbahnviadukt. Ab Jannowitzbrücke starteten die Ausflugsdampfer die Spree hinauf nach Stralau, Treptow und weiter zum Müggelsee (diese Jandorf Litho wurde 1901 innerhalb der Stadt befördert)
Winter im Tiergarten; Siegesallee mit Siegessäule, ebenfalls eine Jandorf Litho (1903 nach Detmold versendet)

Dieses schöne Wintermotiv bietet auch noch eine ungewöhnliche Mitteilung:

Lieber Hugo! Dankend Deine Karte erhalten, ich habe mir im Geschäft das ganze Gesicht mit Schwefelsäure verbrannt und habe 14 Tage im Krankenhaus gelegen, 3 Tage konnte ich gar nichts sehen da war ich gänzlich blind vor Anschwellung des Gesichts jetzt ist alles wieder allright. 

Mit Gruß Dein Freund Fritz   Hier ist der Winter eingekehrt

Gruss aus Berlin; Am Mühlendamm, 1898 nach Melle versendet. Der Mühlendamm bildete die historische Verbindung zwischen den Schwesterstädten Cölln und Berlin. Er führte vom Köllnischen Fischmarkt über die Spree zum Berliner Molkenmarkt. Die Lithografie bildet das Wirtshaus „Neue Schleuse“ und das Sparkassengebäude ab. Der burgartige Komplex diente erst als Getreidemühle, später als Sparkasse und Armenverwaltung. Für die Verbreiterung der Straße und Umbau der Brücke wurden diese Gebäude in den 1930er Jahren abgerissen.
Berlin-Unter den Linden u. Friedrichstrasse; Berlin’s einst prominenteste Kreuzung auf einer 1901 nach Neu-Fahrland beförderten Lithografie (Südseite der Lindenkreuzung mit Hotel und Cafe Bauer links und Konditorei Kranzler gegenüber). Die Häuserzeile mit den berühmten Cafehäusern ist während des Krieges zerstört und wenig attraktiv links mit dem VW Lindencorso und rechts mit dem Grand Hotel in den 1980er und 90er Jahren neu bebaut worden.
Berlin-Waarenhaus Hermann Tietz in der Leipzigerstrasse;  Diese 1902 nach Buchholz in Sachsen versendete Lithografie, wie auch die vorige, wurden dort auch verkauft. Neben dem berühmten Kaufhaus Wertheim am Leipziger Platz befand sich auch diese repräsentative Filiale des Konkurrenten Hermann Tietz (während der NS Zeit enteignet und unter dem Namen HERTIE weitergeführt) an der Leipziger Straße 46-49, Höhe Markgrafenstraße. Der gesamte Straßenzug ist nach Beseitigung der Kriegsruinen in den 1970er Jahren vollkommen überdimensioniert als „Sozialistische Magistrale“ verbreitert und neu bebaut worden. Auf der Karte gibt es diese fast verzweifelte Nachricht: Sendet sofort noch 2 Kuchen (Quark) meiner ist schon alle! und oben links steht noch: Herr Grund von (Armin) fährt morgen nach China!!
Gruss aus Berlin; Reichspostgebäude ebenfalls in der Leipziger Straße 1905 nach Altenburg gesendet. Diese schöne Ecke ist glücklicherweise bis heute erhalten und beherbert nun das Museum für Kommunikation
Gruss aus Berlin; Criminal-Gerichtsgebäude Moabit, 1906 innerhalb von Berlin (vielleicht aus der Haft gesendet). Das berühmteste Gebäude in Moabit war zweifelslos das Kriminalgericht mit dem angrenzenden Untersuchungsgefängnis und dem markanten, an einen Kopfbahnhof erinnernden Doppelturmportal. 1906 wurde der bis heute bestehende riesige Neubau angefügt. Das größte Gerichtsgebäude Europas (allein 12 Innenhöfe) war Berlins erstes mit elektrischem Licht ausgestattetes Gebäude. Dieses berüchtigte Haus galt bei seiner Errichtung als „kaiserlicher Faustschlag in das Gesicht der Arbeiterschaft, da es wie ein Schlachtschiff der Obrigkeit in das Rote Moabit „hineinfuhr“. Das auf der Litho abgebildete Gebäudeteil wurde nach dem Krieg abgerissen, an dieser Ecke  (Turmstraße / Rathenower Str.) befindet sich nun hinter hohen Mauern die JVA Moabit.
Gruss aus Berlin; Lehrter Haupt-Bahnhof, Portal und Speisesaal auf dieser 1902 nach Ottendorf-Okrilla in Sachsen versendeten Litho mit folgender Mitteilung: Liebe Eltern! In Berlin glücklich angekommen, habe 2 Stunden Aufenthalt. Fahre 1.29 nach Hamburg ab. 

Der 1871 eröffnete Kopfbahnhof war einer wichtigsten Fernbahnhöfe und nach der westwärts aus der Stadt führenden Lehrter Bahn benannt. Er war zudem auch, neben dem Stettiner Bahnhof, ein Tor nach Norden. Trotz starker Kriegsschäden wurde der Lehrter Bahnhof kurzzeitig noch einmal in Betrieb genommen, um dann ab 1957 abgetragen zu werden. Erhalten blieb lediglich die Stadtbahnstation, welche Jahrzehnte mitten in der in einer innerstädtischen Wüste an der Berliner Mauer stand. Erst mit dem Bau des Berliner Hauptbahnhofs begann eine Neue Zeit an dieser Stelle. Der 2006 fertiggestellte Kreuzungsbahnhof verbesserte die historisch bedingte, umständliche, Bahnstruktur Berlins und seitdem gibt es erstmals eine direkte Umsteigemöglichkeit zwischen den Ost-West und Nord-Süd-Trassen der Fernbahn. Um diesen Bahnhof wächst mit der Europacity nach und nach ein neues Stadtquartier. Aktuelle Fotos dazu zeige ich im Berliner Fenster der Fotogalerie (Wandel und Wachstum).

Krolls Etablissement; Der 1844 errichtete, auch als „Krolloper“ bezeichnete Vergnügungspalast befand sich etwa an der Stelle des heutigen Kanzleramt’s. Der Tiergarten war das erste große Ausflugs-und Vergnügungsviertel der Berliner. Vor den Toren der damaligen Stadt gelegen, siedelten sich schon um 1800 zahlreiche Restaurantzelte an, aus denen wenig später schon große Gartenrestaurants entstanden. Der Name „Zeltenplatz“ und das „Tipi am Kanzleramt“ sind die wenigen an die Vergnügungstradition erinnernden Namen.
Adressseite der 1902 an einen Regimentsbüchsenmacher a.d. in Wandsbeck (Hamburg) verschickten Jandorf-Litho, also von Büchsenmacher zu Büchsenmacher!
Gruss aus Aschinger’s Bierquelle 1899; Lithografie von Aschinger’s Zentrale in den Stadtbahnbögen (Stallungen, Dampfwäscherei, Lager und Comtoir) mit schönem Querschnitt der Stadtbahntrasse. Einheitliches Speisenangebot zu günstigen Preisen in allen Filialen der aus Süddeutschland stammenden Aschingers waren damals ein Novum und ein riesiger Erfolg in der Stadt. Es gab nur 15 Jahre nach Gründung 1882 an die 50 Filialen. Dazu gehörten auch Konditoreien und Cafes, Ob Alex, Potsdamer Platz oder Ku’damm – Aschinger war überall vertreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch einige Jahre eine letzte Filiale am Bahnhof Zoo , seitdem ist der Name nur noch eine weitere Berliner Legende.
Gruss aus Berlin; Brauerei v. Julius Bötzow – R. Behle, Oekonom; Eine der großen Brauereien am Prenzlauer Berg (wie auch die Schultheiß-, Pfefferberg-, Königstädtische-, oder die Weisbierbrauerei), welche einst dieses Quartier prägten. Berlin war auch eine Stadt der Brauereien, ein Schwerpunkt lag hier im „Prenzelberg“ und ein weiterer in Kreuzberg.  Der Hof der abgebildeten Bötzow Brauerei an der Prenzlauer Allee befand sich lange im „Dornröschenschlaf“, wird aber gerade für eine neue Mischnutzung umgebaut. Die Schultheiß- Brauerei an der Schönhauser Allee produzierte auch nach dem Krieg weiter und wurde ab den 1990er Jahren zur Kulturbrauerei umgebaut. Vielerlei Veranstaltungen zeichnen diesen zum Treffpunkt und Wahrzeichen des Kiezes gewordenen, beliebten Ort aus. Nebenbei verspürt man auf den Höfen noch den Charme der wilhelminischen Brauerei. Ähnliches könnte auch bei Bötzow entstehen, man darf gespannt sein (ich muss unbedingt mal wieder mit der Kamera in diese Ecke…)
Adressseite dieser 1904 nach Niedersachswerfen im Harz geschickten Litho

 

 

Berliner Straßen und Plätze auf colorierten Fotokarten (1902-1920)

 

Berlin. Alexanderplatz; Turbulenter Großstadtverkehr mit Kutsche, Omnibus und Straßenbahnen vor der Berolina am Kaufhaus Tietz. Blick in die Königstraße zum Roten Rathaus, das Kaufhaus, wie auch die benachbarten Gebäude wurden schon in den 1920er Jahren für die Umgestaltung des Platzes abgerissen. Diese schöne Postkarte lief 1908 als Soldatenkarte an den Musketier Robert Hoppe, 12. Komp., Inf. Regt. 20 in Wittenberg a. d. Elbe
Alexanderplatz 1904, Blick in die entgegengesetzte Richtung; links die Berolina, dahinter die Georgenkirche und die Landsberger Strasse (alle abgebildeten Gebäude sind während der Umgestaltung oder während des Zweiten Weltkrieges zerstört worden).  Eine wirklich interessante Szene, welche auch die Mode, Mimik und Gestik der wilhelminischen Zeit wiedergibt, ein Augenblick am Alex.
Spittelmarkt 1911; Der Platz an sich ist nach Kriegswunden und den autogerechten Abrissen und Straßenverbreitungen kaum mehr in der heutigen Stadtlandschaft auszumachen. Ein schwerer Verlust für Berlin, Hoffnung gibt es vielleicht durch die gegenwärtig schon am Molkenmarkt beginnende Umgestaltung.
Blick in die Leipziger Strasse an der Kreuzung Friedrichstrasse ca. 1908 (ungelaufen); Diese wichtige Ost-West-Achse, auf der einst die Straßenbahnen den Potsdamer Platz mit dem Alex verbanden, war eine von stolzen Geschäftshäusern (besonders der Modebranche) geprägte noble Einkaufsstraße. Der Betrachter wird es schon ahnen, auch von diesen Häuserzeilen ist nichts im heutigen Stadtbild zu finden.
Waisenbrücke und Märkischer Platz um 1900, Diese im nach Kriegszerstörungen provisorisch wiederhergestellte Brücke wurde dann 1960 ersatzlos abgebrochen und fehlt schmerzlich im Stadtbild und als Spreequerung.
Potsdamer Platz um 1908; Blick zur Potsdamer Strasse, wilhelminischer Großstadtplatz, der schon ab 1910 wie auch der Alex (etwas später) komplett umgestaltet wurde bevor der Zweite Weltkrieg auch hier nur Trümmer hinterließ.
Lindenkreuzung an der Friedrichstrasse , Nordseite um 1905 dominiert von den Pferdebahnen zwischen Stettiner Bahnhof und Halleschem Tor (Weltpostverein, ungelaufen)
Berliner Leben in der Friedrichstrasse 1910; Blick von der Taubenstrasse nach Norden zur Kaisergalerie mit ersten Automobilen (Karte vom Weltpostverein, nach Offenbach a. Main versendet)
Hochbahn am Halleschen Tor; 1916 per Feldpost aus dem Lazarett an die Frau oder Freundin nach Elbing geschickt. Das Hallesche Tor mit dem Belle-Alliance-Platz (heute Mehringplatz), das südliche Eingangstor und der Beginn der Friedrichstraße, war damals noch mehr als heute ein wichtiger Verkehrsknoten im Getriebe der Metropole. Stolz zeigt man die neue Hochbahntrasse, Berlin’s erste U-Bahnlinie. Der Zweite Weltkrieg zerstörte das großstädtische Ambiente dieses Quartiers, aus dem nach der übereilten, unschönen, Neubebauung eher ein Problemviertel entstanden ist.
Das entgegensetzte, nördliche Ende der Friedrichstraße an der Weidendammer Brücke mit Komischer Oper ein paar Jahre vorher (ca. 1905, ungelaufen) Die schöne Brücke ist das einzigste Überbleibsel dieser Ansicht.
Bahnhof Friedrichstraße 1911 an das Postkartengeschäft Schubert in Dresden gesendet, hier auch die seit ca. 1905 übliche geteilte Adressseite, so wie bis heute geblieben ist.

Der Bahnhof Friedrichstraße (1882 als Centralbahnhof Friedrichstraße in der Mitte des Stadtbahnviaduktes eröffnet) kann als zentralster Verkehrsknoten der wilhelminischen Stadt bezeichnet werden. Das hier abgebildete, imposante, Bahnhofsgebäude ist in dieser Form nicht mehr erhalten. Schon 1914 wurde der Bahnhof wieder abgerissen und in der erweiterten bis heute bestehenden Form neu erbaut. Mit der Eröffnung der U-Bahn 1923 und des Nord-Süd-Tunnels der S-Bahn 1936 steigerte sich die Frequenz der Fahrgäste weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Spaltung Berlins bekam er die Funktion eines Grenzbahnhofs mit entsprechenden Umbauten und erlangte so eine traurige Berühmtheit. Heute hat er seine Bedeutung besonders im Nah- und Regionalverkehr und gilt als chronisch Überlastet. Abhilfe soll zukünftig die teils in Bau und teils erst in Planung befindliche zweite, durch den Hauptbahnhof führende Nord-Süd-Tunnelstrecke der S-Bahn schaffen.

Belebter Moritzplatz 1910; Vom abgebildeten tosenden Großstadtplatz ist gerade eine kleine Häuserzeile (Nord-Ost-Ecke) übriggeblieben, der Platz fristete auch durch die Kahlschlagsanierung des Berliner Senats in den 1970ern, welche viele bis heute bestehende Brachflächen hinterließ, ein Schattendasein. Eine davon wurde vor wenigen Jahren mit dem „Aufbau Haus“ gefüllt, Auf dem einstigen Kaufhaus Wertheim Gelände befinden sich als Zwischennutzung gerade die „Prinzessinnengärten“. Etwas Bewegung kommt in diese zentrale Stadtwunde, aber es wird dauern und interessant ob das Quartier wieder an einstigen Glanz anknüpfen kann.
Großstadtleben in der Potsdamer Straße 1909; Wie auch die vorige Ansicht vom Weltpostverein herausgegeben, mit folgender nach Osnabrück versendeten Nachricht: Liebe Lina, Bin 8.40 in Berlin angekommen. Bin sofort nach Kaufhaus Wertheim gegangen. Jetzt 12 Uhr habe ich noch immer nicht alles gesehen… . Die „Potse“ ist bis heute eine abwechslungsreiche, turbulente Großstadtstraße mit vielfältigen Einkaufs,-Gastronomie-und Vergnügungsmöglichkeiten geblieben. Mir bereitet es jedes mal Freude den Straßenzug ab der Steglitzer Schlossstraße, der Rheinstraße, Hauptstraße und Potsdamer Straße in einem BVG Doppeldecker zu durchqueren und von oben auf das Geschehen zu blicken. Diese Straße ist für mich typisch Berlin.
Lützowplatz mit Herkulesbrunnen 1908; Blick nach Süden mit Herkulesbrücke im Vordergrund. Dieser großzügige, parkähnliche Stadtplatz ist kein Vergleich zu der heutigen, unwirklichen von Nachkriegsbebauung dominierten Verkehrsachse
Interessanter Blick ins historische Moabit auf dieser Ansicht um 1900; Die Gotzkowskystraße bietet tatsächlich auch heute noch einige dieser Gründerzeitbauten mit Stuckfassaden. Die abgebildete Ecke Turmstraße hat sich aber optisch sehr zum Nachteil entwickelt. Hier ist der Stuck entfernt worden und das Eckgebäude hat seit dem Krieg nur noch zwei Etagen. Wie oft auf ähnlichen Straßenszenen sind die Kinder der Gegend keck mit auf dem Foto, das gefällt mir sehr.
Damals wie heute eine gute Adresse im Berliner Westen ist der Winterfeldplatz in Schöneberg, hier auf einer Ansicht aus dem Jahr 1908; Der Platz ist zu der Zeit erst wenige Jahre fertiggestellt, wie man an den jungen Baumreihen sieht. Viele der abgebildeten Häuser sind Opfer des Krieges geworden, der markanten Matthiaskirche fehlt bis heute die stadtbildprägende Turmspitze.
Ebenfalls in Schöneberg befindet sich der prachtvolle Hochbahnhof Bülowstrasse, an der ersten Hoch-und Untergrundbahntrasse der Stadt. Die Fotografie entstand um 1910, davor verkehrte die Straßenbahnlinie 64, welche den Ringbahnhof Landsberger Allee mit dem Bahnhof Zoo verband.
Tauenzienstrasse 1907; die noch jungen Baumreihen zeigen die noch neue Prachtmeile

Mit der neuen Hoch-und Untergrundbahngelangte man seit 1902 direkt in die neu entstandenen Prachtstraßen im Westen der Stadt. Ab dem Nollendorfplatz entstanden in wenigen Jahrzehnten eine Anzahl repräsentativer Straßenzüge mit großzügig geschnittenen Wohnungen, modernen Cafes und zahlreichen Vergnügungsstätten, gedacht für die zahlreichen finanziell bessergestellten Bewohner der Stadt. Dabei bildeten sich mit der Tauzentzienstraße und dem Kurfürstendamm neue weltstädtische Boulevards, welche dem historischen Zentrum in Mitte den Rang streitig machten. Die folgende Ansicht blickt die Joachimsthaler Straße an der Ecke Kurfürstendamm, heute als Kudamm-Eck bekannt. Damals gehörte diese Kreuzung noch zur Stadt Charlottenburg. Einzig das Eckhaus in der Bildmitte ist noch erhalten, links steht seit den 1950er Jahren der bekannte Flachbau des Cafe Kranzler.

Kudamm-Eck 1912
Ebenfalls großstädtisch ging es im südlich an Charlottenburg angrenzenden Wilmersdorf zu, wie auf dieser 1916 in das pommersche Seebad Rewahl versendenten Karte, zu sehen ist. Hier wurde mit dem Hohenzollerndamm ebenfalls eine breite Geschäfts- und Wohnstraße für das Berliner Bürgertum angelegt,

Rixdorf (seit 1912 Neukölln); Bergstrasse (heute Karl-Marx-Straße) mit Kriegerdenkmal 1906. Diese detailreiche Straßenszene zeigt die Bergstrassse an der Einmündung der Richardstraße im Herzen von Rixdorf. Großstädtische Bebauung dominiert auch hier schon die einstige böhmische Siedlung. Lediglich einzelne Weberhäuser (links) erinnern noch an das ursprüngliche Dorf. 1899 wurde Rixdorf endlich zur Stadt, als schon an die 100000 Menschen hier lebten.  Das repräsentative Eckgebäude in der Bildmitte ist leider im Krieg zerstört worden. Hier steht nun ein unansehnlicher Geschäftsbau.

 

 

 

Aufstrebende Städte, Vororte und Dörfer und Ausflugsziele um den Berliner Stadtkern auf Farblithografien und Künstlerkarten (1897-1905)

 

Gruß aus Char;lottenburg; Berliner Straße mit Wilhelmplatz (heute Otto-Suhr-Allee und Richard-Wagner-Platz) und Lützow-Kirche (Alt-Lietzow)

Direkt hinter dem Tiergarten begann die bis 1920 selbstständige Stadt Charlottenburg, einst wohlhabendste Stadt Preußens und auch nach Berlin zweitgrößte Stadt der Provinz Brandenburg. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle der Flecken Lietzow, bis die Krone den Ort im 17. Jahrhundert als Sommerresidenz erkor und ein Schlösschen errichtete. Als Königin Sophie Charlotte ab 1700 das spätere Schloss Charlottenburg erbauen ließ, entstand darum nach und nach das gleichnamige Residenzstädtchen. Dessen größter Aufschwung begann dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als Charlottenburg (mit Westend) zur bevorzugten Wohnlage der Berliner Bürgerschaft wurde. Die Hauptachse war die auf den beiden schönen Lithografien (Kunstverlag J. Goldiner, Berlin) abgebildete Berliner Straße (Otto-Suhr-Allee), welche am Knie begann und schnurgerade zum Schloss führte. Der zweite Weltkrieg hinterließ an der Straße ein Trümmerfeld, das großflächig abgeräumt und neu bebaut wurde. Besonders das Knie wurde als Kreisel unter dem neuen Namen Ernst-Reuter-Platzes als eines der ehrgeizigsten Projekte der Westberliner Baugeschichte nach damaligen Vorstellungen modern, großstädtisch und autogerecht umgestaltet.

Gruss aus Charlottenburg; Am Knie (heute Ernst-Reuter-Platz) und Artillerie-und Ingenieur-Schule (heute Technische Universität). Im Vordergrund das zum Knie abgerundete Hotel Hippodrom, dahinter das „Bismarck“, welch ein Kontrast zu dem heutigen Ernst-Reuter-Platz…
Adressseite der 1902 in die Schwedter Straße versendeten Grusskarte
Gruss aus Pankow 1905, schöne Litho von Georg Küssner, Pankow. Auch im Norden von Berlin warb man um wohlhabende Neubürger, dabei profitierte der beliebte und vielbesungene Ausflugsort Pankow von seiner Lage um das Schloss Niederschönhausen mit dem Schlosspark.  Der bis heute beliebte Bürgerpark wurde 1907 eröffnet, gleichzeitig entstand das stolze Rathaus als Symbol einer aufstrebenden Randgemeinde.
Zur Kaiserzeit prägten ebenfalls Soldaten und viele Kasernenneubauten die Stadt, womit die kaiserliche Großmachtpolitik in der Hauptstadt Stärke präsentierte. In Kreuzberg gab es einige Kasernen welche teilweise bis heute zu sehen sind. Auf der abgebildeten Lithografie marschieren die Soldaten über die Belle-Alliance-Straße (Mehringdamm) auf das vor der Stadt liegende Tempelhofer Feld. Die Karte wurde 1902 nach Essen-Kupferdreh mit der Nachricht eines Wehrdienstleistenden an seine Liebste versendet: Liebe Maria; ….bin gerade auf Wache, sende Dir die besten Grüße, Dein Ernst;  hier auch die Adressseite:

Vereinsbrauerei Rixdorf 1904; Die Bierstadt Berlin mit ihren zahlreichen großen Brauereien wurde gern auf Lithografien dieser Zeit abgebildet, da jede der Braustätten auch über einen Biergarten verfügte, von wo man dann diese Karten schrieb. Neben dem Prenzlauer Berg waren Kreuzberg und Rixdorf bevorzugte Standorte, was der vorherrschenden Windrichtung geschuldet war. Die abgebildete Kindl Brauerei an der Hermannstraße produzierte seit 1872 hier am Rollberg. Legendär auf dem bis heute bestehenden Gelände waren neben dem Biergarten, der Mercedes-Palast und die Kindl-Festsäle. Bier wird hier heute allerdings nicht mehr gebraut, das Quartier ist unter Einbeziehung der historischen Bausubstanz  zu einem Wohn-Büro und Geschäftskomplex umgebaut worden.
Gruss aus Treptow, Restaurant Zenner (Litho von R. Hanow, Berlin W.) 1899 nach Plauen gesendet.

Treptow, ein kleines Kolonistendorf, geriet durch seine bevorzugte Wasserlage und relative Stadtnähe gemeinsam mit dem gegenüberliegenden Stralau schon um 1820 in das Visier der Berliner Ausflügler. Das abgebildete Gasthaus war das erste am Spreeufer und wurde besonders unter dem legendären Wirt Rudolf Zenner ab 1880 eine Berliner Institution. Nach und nach gruppierten sich um den „Zenner“ weitere große Gastwirtschaften, so das bis 1910 auch aus dem letzten Ufergrundstück des alten Treptow ein ein Lokal geworden war. Diese Dichte von direkt aneinandergereihten riesigen Ausflugslokalen mit Flussbadeanstalten und Ruderclubs war einzigartig im Berliner Raum. Die Berliner strömten aus den dichtbesiedelten zentralen und östlichen Stadtvierteln zu Hunderttausenden hinaus nach Treptow. Infolge der gravierenden Kriegszerstörungen, welche fast alle Spuren des alten Treptow getilgt haben, fällt es heute schwer sich diesen Tumult auch nur annähernd vorzustellen. Auch der „Zenner“ wurde 1945 durch einen Bombentreffer zerstört, aber 1955 in der bis heute bestehenden Form vom Architekten Hermann Henselmann neu erbaut.

Gruss aus Grünau 1899, wieder eine schöne Litho von J. Goldiner, Berlin. Weit draußen, am Langen See in Grünau, fanden damals die Rudersportler ein neues Zuhause. Die sich rasant ausbreitende Industriestadt hatte inzwischen auch Schöneweide erreicht (siehe nächste Ansicht) und die Sportler wichen noch weiter aus. In Grünau an der Dahme entstand Berlins Wassersportzentrum mit Regattastrecke, Yacht-Club und eigenem Sportdenkmal (1973 abgerissen). Ebenso gab es auch hier stadtbekannte Ausflugs-und Vergnügungslokale wie das Bellevue (später Riviera) das Gesellschaftshaus und bis heute ein großzügiges Strandbad.

Gruss aus Oberschöneweide 1903;

Den beginnenden Strukturwandel in Schöneweide zeigt diese Panoramaansicht nahezu perfekt. Das hiesige Spreeufer wird schon von ersten Fabriken eingenommen, darum entsteht ein neuer Ortsteil mit Schule und Feuerwehr. Im Vordergrund ist die noch junge Wilhelminenhofstraße zu sehen und ganz rechts der Kaisersteg, welcher die Verbindung zum gegenüberliegenden Niederschöneweide herstellt. Das dortige Ufer wird noch in Gänze von Ausflugslokalen, wie dem nachfolgend abgebildeten Kyffhäuser dominiert. Aber auch diese werden recht bald von Industrieanlagen verdrängt. Schöneweide wird zu einem der wichtigsten Industriestandorte der Stadt, dominiert von der AEG, später KWO. Die historischen Industrieanlagen sind größtenteils bis heute erhalten und besonders vom gegenüberliegenden Ufer ein echter Blickfang.  Der im Krieg zerstörte Kaisersteg wird im Jahr 2007 wieder neu errichtet und der Stadtteil erfindet sich gerade neu.

Gruss aus dem Kyffhäuser 1905; Das auch unter dem Namen „Spreepalast Kyffhäuser“ bekannte Haus galt als die Nummer Eins am Niederschöneweider Ufer.
Gruss aus den Müggelbergen 1899, Kunstanstalt F. L. Adolf Pistor, Dresden; Mit folgender Nachricht: Wenn dieser Berg von Butter wär, Und dieses Thal von Grütze. Der Berg lief in das Thal hinein, Was müsste das für eine Freude sein. Wär vielen Menschen nütze. Von dem fernen Thurme ein Gruß für heute genügen muß. Max; versendet an zwei Fräulein aus Werndorf bei Neu Zittau, also gleich um die Ecke, siehe folgende Adressseite

Auf dieser Grusskarte sind alle Wirtschaften, welche die Ausflügler beim Durchqueren der Müggelberge aufsuchten abgebildet. Gewöhnlich reiste man per Dampfer zum Wirtshaus Rübezahl am Müggelsee, machte Station am Teufelssee, begab sich anschließend hinauf zum Müggelturm und abschließend hinter zum Langen See, wo am Steg des Restaurants Marienlust wieder der Dampfer zurück nach Berlin bestiegen wurde. Alle diese Gastwirtschaften gehen auf den umtriebigen Wirt Carl Streichhan zurück, der schon vor 1900 dieses Areal bekannt machte. Das Rübezahl gibt es in veränderter Form, aber auch mit Schiffsanleger, bis heute. Am Teufelssee ist heute ein natürliches, fast mystisches Naturidyll entstanden und der abgebildete Müggelturm ist 1958 abgebrannt (1961 in moderner Form neu gebaut worden), vom Marienlust findet man nur noch ein paar Treppenstufen am Langen See.

Mit der Preußischen Ostbahn kam ab 1869 für das abgebildete idyllische Kaulsdorf der Anschluss an die Großstadt. Diese Litho (Verlag von J. Pfeiffer, Berlin O 34) wurde 1901 mit Bahnstempel der Ostbahn (wahrscheinlich im Zug geschrieben, siehe Adressseite) in die Wiener Straße nach Kreuzberg versendet. Abgebildet neben der Dorfkirche und einem Materialwarengeschäft (heute ein Kindergarten) auch der Bahnhof. Kaulsdorf ist seit 1920 Teil von Berlin und vor gemeinsam mit dem benachbarten Biesdorf und Mahlsorf für Deutschlands größte zusammenhängende Ein- und Zweifamilenhaussiedlung bekannt.

Ebenso wie Kaulsdorf brachte auch Schönefeld der Bahnanschluss, hier nach Rixdorf, den Anschluss nach Berlin. Die heutige Flughafengemeinde hat seit der Eröffnung des BER einen rasanten Aufstieg hingelegt, ist aber nicht Teil der Stadt Berlin. Auf der 1902 nach Grunewald  (an den Herrn Georg Hoeht, Bergwerksbesitzer, siehe Adressseite) versendeten Litho (ebenfalls von Julius Pfeiffer) ist der Dorfkern mit Gasthaus, Schule, Kirche und Bahnhof abgebildet. Schönefelds dörfliche Idylle endete spätestens mit der Errichtung der Henschel Flugzeugwerke 1934. Nach dem Krieg ordnete die russische Besatzungsmacht hier den Aufbau eines zivilen Flughafens an aus dem sich der nun einzig verbliebene Berliner Flughafen entwickelte.  Dorfkirche und Teich gibt es aber bis heute im historischen Ortskern.

Das südlich an das Tempelhofer Feld gelegene, einstige gleichnamige Straßendorf bot den Ausflüglern und Soldaten entlang der Berliner Straße (heute Tempelhofer Damm) zahlreiche Wirtshäuser, Tanz- und Gartenlokale. Die Lithografie zeigt den 1895 eröffneten Tempelhofer Tivoli 1902. Das Eckgebäude zur Friedrich-Karl-Straße steht sogar noch.
Gruss aus Gross-Lichterfelde 1903 mit folgender Mitteilung an die Eltern in Spandau; Liebe Eltern! Es gefällt mir sehr gut, fast alle Tage gehe ich bei Mertens in die Kirschen oder fahre mit Onkels Fuhrwerk mit.Die damals von Villen und Kasernen dominierte Siedlung zwischen der Potsdamer und der Anhalter Bahn südlich von Steglitz war und ist eine  bevorzugte Berliner Wohnlage. In die „gute alte Zeit“ fühlt man sich besonders um dem Bahnhof Lichterfelde-West zurückversetzt, Hier bilden die historischen Gebäude um den 1916 eröffneten Westbasar ein wohl Berlinweit einzigartiges Ensemble. Mir gefällt aber auch der Kranoldplatz (besonders an Markttagen) in Lichterfelde-Ost sehr gut. Meine Lieblingsschwimmhalle befindet sich ebenfalls in Lichterfelde an der Finckensteinallee (auf dem kaiserlichen Kasernengelände in den 1930er Jahren für die SS Leibstandarte gebaut, nach dem Krieg von den Amerikanern genutzt).
Adressseite der Lichterfelder Litho
Gruss aus Steglitz 1902; Ortskern mit Kirche, Rathaus und Bahnhof (heute nicht wiederzuerkennen, dank der großspurigen Abriss-und Neubaumaßnahmen in den 1970er Jahren, denen wir den Kreisel und die Autobahn verdanken). Ich mag den Kiez trotzdem sehr gern, besonders zu Markttagen, auch die Schlossstraße und die Albrechtstraße als Einkaufsstraßen.
Adressseite der Steglitzer Litho, da die Karte in die Steglitzer Albrechtstraße geschickt wurde, begnügte man sich damals mit einem einfachen Hier für die Stadt
Gruss aus dem Wilden Eber in Schmargendorf 1899

Was Treptow an der Spree für die Mitte und den Osten Berlins bedeutete, hatte mit dem Grunewald und der Havel für den Westen der Stadt ein gleichwertiges Gegenüber als Ausflugsort der Massen. Ein Eingangstor zum Grunewald bildete Schmargendorf mit der Eröffnung einer Dampfstraßenbahn 1887. Das hier abgebildete Lokal Zum Wilden Eber an der Warnemünder Straße existiert nicht mehr, aber der gleichnamige Platz ist bis heute Berlinweit bekannt. Ab hier zogen die Ausflügler weiter zur Grunewaldseenkette mit berühmten Gartenlokalen, wie Paulsborn, Krumme Lanke, Onkel-Toms-Hütte oder der Fischerhütte und weiter zur Havel nach Schildhorn. Die Halbinsel Schildhorn und der benachbarte Grunewaldturm waren ebenfalls beliebte Ausflugsgebiete mit einem großen Angebot an Lokalen. Daran schloss sich mit dem Wannsee ein weiteres Ziel an, welches über die Wannseebahn erreicht werden konnte an. Auch die gegenüberliegende Seite (heute Spandau) der Havel war ein attraktives Ziel der Städter, von Pichelsberge mit Pichelswerder am Stößensee bis hinunter nach Kladow (auch weiter bis Sacrow und Nedlitz) strömten die meist per Dampfer anreisenden Berliner und Spandauer. Überall dort gab ein großes Angebot an Gartenlokalen, meist mehrere nebeneinander. Über den Spandauer See weiter in den Tegeler See entstanden am Ufer von Hakenfelde, Saatwinkel, Tegelort bis hinauf nach Tegel weitere Ausflugslokale, welche per Dampfer angefahren wurden. Die meisten davon sind heute völlig in Vergessenheit geraten und auch baulich nicht mehr auszumachen. Schon ab den 1920er Jahren setzte mit dem Entstehen der Kinos, Varietes, Tanzclubs und Vergnügungsparks ein anderes Freizeitverhalten der Großstädter ein und der Zweite Weltkrieg zerstörte viele charmante Ausflugsorte unwiederbringlich.

Gruss aus Pichelsberge, Restaurant Kaisergarten (Kunstanstalt C. Aug. Droesse, Berlin) 1898 nach Berlin versendet
Gruss aus Schildhorn 1906, Restaurant Hans Ritzhaupt mit dieser Nachricht: Hochgeehrtes Frl., herzlichen Gruß vom fröhlichen Beisammensein…
Gruss vom Schwedischen Pavillon am Wannsee 1900
Gruss aus Spandau 1902; Die bis 1920 selbstständige Havelstadt hat bis heute ihren eigenen Stolz bewahrt, hier kann man noch ein wenigstens teilweise erhaltenes historisches Stadtbild finden. Das ist eine echte Besonderheit und Berlinweit nur im östlichen Pendant Köpenick an Spree und Dahme noch einmal zu finden.
Gruss aus Blumshof-Saatwinkel 1904 (Litho von Jacob Friedländer, Brandenburg/H.) Der Blum(e)shof war in seiner Größe herausragend am hiesigen Havelufer und ein erstrangiges Vergnügungsziel. Nur wenige Spuren finden sich hier noch am Campingplatz.
Abschließend für diese kleine Auswahl (vielleicht stelle ich nach und nach weitere schöne Lithos aus meinem Archiv hier ein) eine Ansicht aus Tegel: Wilhelm Dressel’s Restaurant mit Dampfer Flora an der Berliner Straße aus dem Jahr 1900 (ebenfalls von J. Friedländer). Das Lokal musste 1954 einem Geschäftshaus weichen.

 

 

Nachkriegsansichten aus Ost und West (1945-1975)

 

Alex 1967
Alex 1952
Noch gibt es die Waisenbrücke, 1957
Alter Friedrichstadtpalast (abgerissen in den 1980er Jahren) am Schiffbauerdamm 1964
Sektorengrenze am Brandenburger Tor 1958
Kongresshalle und Spree mit Blick nach Nordosten (abgerissenes Gasometer in Prenzlauer Berg in der Bildmitte) 1959
Kurfürstendamm und Tauentzien bei Nacht 1960
Kurfürstendamm 1955
Hardenbergstraße und Europacenter bei Nacht 1966
Hardenbergstraße mit Europacenter und Gedächtniskirche 1974

 

weitere Ansichten veröffentliche ich hier immer mal wieder, einen Hinweis gibt es dann unter Aktuelles