Gipfelglück auf dem Brocken im Harz

09.03.2025 Wernigerode – Brockengipfel (1142) – Ilsenburg – Halberstadt 78 km

 

Einen schon lange still gehegten Traum, nämlich die Fahrt hinauf zum Brockengipfel, wollte ich heute mit meinem Mountain-Bike in die Tat umsetzen. Vom Training her fühlte ich mich bereit für die große Prüfung, einen solchen Berg zu erklimmen. Aber die Spannung war natürlich groß im Vorfeld. Geplant hatte ich, die etwa 1000 Höhenmeter ab Wernigerode auf einem 25 km langem Anstieg zu bewältigen.

Wernigerode Rathaus
Wernigerode, Marktplatz mit Rathaus und Marktbrunnen

Wernigerode erreichte ich per Regio über Magdeburg und Halberstadt um 9:20 Uhr. Vor dem Aufbruch gab es noch die übliche Kaffeepause, hier direkt am berühmten Rathaus. Um 10:00 Uhr begann ich die Fahrt hinauf über Hasserode und das Drängetal zunächst bis Drei-Annen-Hohne auf über 500 Höhenmetern. Die Bedingungen waren heute optimal, da es schon länger nicht geregnet hatte, war der Weg bis auf wenige Restschnee- und Eisflächen abgetrocknet. Zudem schien den ganzen Tag die Sonne bei angenehmen Temperaturen. Deshalb musste ich mich nach und nach „auspellen“.  Oben, über dem Drängetal erblickte ich auch zum ersten Mal den, noch weit entfernten, Brockengipfel.

Erster Blick auf den nach weit entfernten Brockengipfel (links oben) vom Drängetalhangweg

Drei-Annen-Hohne war nach einer Stunde erreicht, ab hier wählte ich den Glashüttenweg, welcher mich den nächsten Abschnitt hinauf brachte. Hier begann auch der Nationalpark Hochharz, in dessen Territorium ich mich nun bis hinauf zum Brocken und hinab bis Ilsenburg bewegte. Die enormen Waldschäden, welche ich schon auch auf dem ersten Abschnitt gesehen hatte, beherrschten nun vollkommen die geschundene Landschaft. Ich habe auf meinen Radtouren schon viele durch den Klimawandel zerstörte Wälder gesehen, aber dieses gigantische Ausmaß verstörte mich dort, im Herzen des Nationalparks doch. Bis hinauf zum Brocken fuhr ich nun durch eine apokalyptische, fast surreale Berglandschaft. Doch auch diese zerstörten Wälder übten bei näherer Betrachtung eine gewisse Faszination auf mich aus. Zum Prinzip des Parks gehört ja, den Wald sich selbst zu überlassen und nicht in den natürlichen Regenerationsprozess einzugreifen. So wächst langsam zwischen all dem Totholz (hier arbeiten zunächst die Pilze und Insekten) ein neuer Bergwald, den aber erst die nächsten Generationen erleben dürften. Diese Konzept unterstütze ich sehr, freue mich schon (wenn es mir vergönnt ist) vielleicht in 10 Jahren noch einmal hier hinauf zu kommen.

Impressionen von der Strecke im Nationalpark

Jedenfalls begann ab Drei-Annen-Hohne ein anspruchsvoller, steiler Abschnitt auf dem Glasbläserweg. Dieser verlangte schon all meine Kräfte und so musste ich einige Male einen kurzen Stop einlegen. Die Kraft wollte gut eingeteilt sein, denn der Weg war noch weit… Glücklicherweise gab es anschließend auch mal einen moderateren Anstieg. Diese lange zweite Etappe endete auf 900 Höhenmetern beim Brockenbett, wo ich auf die Brockenstraße traf, welche mich die letzten 3 Kilometer auf Asphalt, die noch restlichen 240 m auf einer steilen Rampe nach oben führte. Auf diesem schweren Stück bekam ich dankenswerterweise aufmunternde und anerkennende Worte und Gesten von Wanderern, diese nahm ich gern mit und sie puschten mich auf den letzten Metern. Nach gut drei Stunden erreichte ich überglücklich den Gipfel, fühlte mich mich großartig und gar nicht erschöpft.

Mit dem Rad auf den Brocken
Mein Gipfelglück

Auf dem Gipfel herrschte richtig Trubel, da ja die Harzer Schmalspurbahn viele Ausflügler und Wanderer direkt bis hinauf befördert. Es war Sonntag, die Sonne schien und ich genoss die Stimmung um den Gipfelstein… . Ich hatte den steilsten Anstieg, zudem den höchsten Gipfel, welchen ich je mit dem Rad erklommen hatte erreicht, Gipfelglück überströmte mich genau wie beim Kraxeln in den Alpen. Zudem war ich das allererste Mal auf diesem berühmten und nicht einmal weit entfernten Berg, fast unglaublich. Meine Mutter war schon in den 1950er Jahren, vor der deutschen Teilung hier oben und erzählte immer wieder von diesem mystischen und schon ab 1961 jahrzehntelang unerreichbaren Berg. Auch daran musste ich hier oben denken.

Lediglich der schon seit ein paar Tagen herrschende Saharastaub vermasselte die Fernsicht, so war der benachbarte Wurmberg gerade noch auszumachen, aber sonst war kaum etwas zu erkennen.

Der Brocken ist der höchste Berg Norddeutschlands und zudem der dominanteste (224 km) Berg ganz Deutschlands (was weniger bekannt ist). Hier oben gibt es trotz der verhältnismäßig geringen Höhenmeter ein raues, fast alpines Klima mit der entsprechenden Vegetation. Die zunehmenden Wetterextreme treffen diesen weit aus dem Flachland herausragenden Berg somit völlig ungeschützt.

 

Brockengipfel mit Brockenhotel, Sendemast und Brockenhaus
Brockenbahn bei der Abfahrt vom Gipfel

Nach einer Stunde Genuss pur, machte ich mich auf den Weg hinunter. Dafür hatte ich mir einen anderen Weg ausgesucht. Ich fuhr auf dem Gelben Brink Weg in das Ilsetal hinab. Diese nur 14 Kilometer lange, steile Abfahrt brachte mich ganz schnell hinab nach Ilsenburg. Der Weg begleitete reizvoll die Ilse, welche sich ebenfalls steil über unzählige Kaskaden steil in das Tal ergoss. So musste ich die Abfahrt auch immer wieder für einen Fotostop unterbrechen.

Ilse am Ilsestein, schon fast unten in Ilsenburg

Schon um 15:00 Uhr erreichte ich den hübschen Kurort Ilsenburg (den ich, wie auch Wernigerode, erst im September 2023 auf einer Radtour auf dem R1, siehe Touren 2023) durchquert hatte. Heute fuhr ich direkt zum Bahnhof, da schon um 15:31 Uhr ein Zug nach Magdeburg fuhr, den ich gern nehmen wollte. Der Regio kam sogar pünktlich und ich freute mich schon auf eine schnelle Heimreise. Diese kurze Vorfreude wurde jedoch schnell getrübt, als die Türen dieses kurzen Zuges aufgingen. Hier war beim besten Willen kein Einstieg mehr möglich, der Zug war heillos überfüllt. Deshalb musste ich mit zwei weiteren Radlern auf dem Bahnsteig zurückbleiben. Der nächste Zug fuhr aber erst in 2 Stunden und was, wenn der wieder so voll wäre? Nach kurzer Überlegung machte ich mich mit dem Rad auf den Weg nach Halberstadt. Dort hoffte ich auf eine bessere Chance für eine Weiterfahrt nach Magdeburg.

Halberstadt; Mittelalterliche Skyline mit Dom, Liebfrauenkirche und Martinikirche (v. l.)

Das Wetter blieb angenehm sonnig und wie sich schnell herausstellte fuhr es sich ganz entspannt durch das Harzvorland. Zunächst folgte der Radweg weiter der Ilse hinab bis Wasserleben. Ab Derenburg (übrigens ein kleines hübsches Fachwerkstädtchen) folgte der Radweg, mit der Holtemme, einem weiteren Fluss aus dem Harz bis in die Domstadt Halberstadt. Die mir gut bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt sah ich heute nur aus der Ferne, denn die drei imposanten Kirchen der Stadt grüßten schon von Weitem. Heute fuhr ich direkt zum Bahnhof und es klappte tatsächlich mit einem Platz im nächsten Zug nach Magdeburg. Nun sitze ich auch schon im Regio nach Berlin, später als geplant, aber dafür mit 36 zusätzlichen Kilometern und Eindrücken im Gepäck.

Schön war’s jewesen!