Seaside (Seebäder, Bäderarchitektur, Strandleben und Seebrücken)

Unter dieser Rubrik zeige ich einen nostalgischen Blick zurück in die Seebäderkultur der Jahrhundertwende. Nach englischen Vorbild entstandenen seit ca. 1870 an den deutschen Küsten mondäne Seebäder für die Sommerfrische der Oberschicht. Von Borkum bis Cranz bildete sich ein eigener verspielter Baustil heraus, welcher regional variierte. Aus Berliner Sicht und auch aus meinen Kindheitserinnerungen liegen mir dabei die Kaiserbäder auf Usedom besonders am Herzen, welche ja wie die gesamte Insel damals als „Berliner Badewanne“ galten. Es gab ja schon seit 1876 eine schnelle Bahnverbindung ab dem Stettiner Bahnhof in Berlin direkt auf die Insel, welche leider Opfer des Zweiten Weltkriegs wurde und bis heute nicht wieder am Netz ist.

Was den Berlinern die pommersche Küste mit den Inseln Rügen, Usedom, Wollin und weiter bis Kolberg bedeutete, war für die Hamburger, Hannoveraner und die Rheinischen Wohlhabenden die Nordseeküste mit den Ostfriesischen und Nordfriesischen Inseln. Die holsteinischen und mecklenburgischen Ostseebäder profitierten von beiden Metropolen. Weiter östlich verfügte die Region Danzig-Westpreußen mit Zoppot (heute polnisch Sopot) über ein mondänes und bis heute beliebtes Seebad (hat mir persönlich auch sehr gefallen), noch weiter im Osten hatte auch Königsberg mit Cranz und Rauschen seine Badeorte und Sommerfrischen. Begonnen hat die Bäderkultur an den deutschen Küsten in Heiligendamm an der Ostsee und auf der Nordseeinsel Norderney.

Auch die englischen Vorbilder (hier stammt der Begriff Seaside her) von denen ich viele schon besucht habe, dazu niederländische (Scheveningen ist ein von uns gern und regelmäßig von uns besuchter Badeort), belgische, französische und amerikanische Seebäder (auch dort habe ich einige Seebäder gesehen) zeige ich in historischen Ansichten unter diesem Fenster. Unterschiedlich ist das heutige Erscheinungsbild der einst in prachtvoller Bäderarchitektur erbauten Orte. Oft wurde ohne Not (Kriegszerstörungen gab es dort kaum) besonders in den Nachkriegsjahren viel schönes Erbe aus ideologischen oder profitablen Gründen einfach abgerissen. So präsentieren sich die Seebäder heute sehr verschieden. Westerland auf Sylt beispielsweise ist durch die Bauwut vollkommen entstellt, Binz auf Rügen oder Ahlbeck auf Usedom haben ihr historisches Antlitz fast komplett bewahren können.

Beginnen möchte ich mit der deutschen Nordseeküste, von wo die historische Reise weiter zur Ostsee über Holstein, Mecklenburg und Pommern bis nach West-und Ostpreußen führt. Anschließend zeige ich westeuropäische Seebäder an der Nordsee, am Atlantik, dem Mittelmeer und abschließend führe ich nach Übersee.

 

Deutsche Nordseebäder

Gruss aus Norderney 1897 (Kunstanstalt Rosenblatt, Frankfurt a. M.); Erste geschlossene Uferfront am Nordstrand (heute nicht mehr wiederzuerkennen, die Seebrücke gibt es längst nicht mehr. Die Karte ist innerhalb des Saarlandes nach Rückkehr von der Insel versendet worden, siehe folgende Adressseite:

 

Grüsse aus Norderney 1897 (ebenfalls von Rosenblatt, Frankfurt a. M.), mit Meyer’s Hotel und Bäderdampfschiff. Die Litho wurde innerhalb Bayreuths an die Lehrerstochter Sophie Brucker von ihrem Vater, Onkel oder Bruder geschickt, deshalb befindet sich der „Bayerische Fünfer“ auf der folgenden Adressseite:

Gruss aus Norderney, Flaneure in standesgemäßer Bekleidung auf dem Seesteg; 1907 nach Düsseldorf gesendet (Knacksiedt & Näther, Hamburg).
Gruss aus dem Nordseebad Westerland Sylt, Hotel Victoria und Strandhalle um 1900 (Ludw. Philippsohn, Dresden); keines der Gebäude gibt es mehr…
Gruss aus Westerland, Hochwasser am Ufer an der Strandhalle unterhalb vom Victoria 1901 (Reinicke & Rubin, Magdeburg); nach Berlin S.W. 29 in die Gneisenaustrasse an Frl. Beyer, bei Herrn Geheimrat Hauptner gesendet, mit folgender Nachricht:  Liebe Pauline! Gestern ist zu meiner Freude m. Hamburger Freundin hier. Es lebt sich wundervoll hier in der schönen Luft, leider ist seit gestern viel Hitze…

 

Von der Nordsee zur Ostsee nach Holstein und Mecklenburg

Travemünde, Strandleben 1906 (Julius Simonsen, Oldenburg i. H.), am 22.06. 1906 an Frau Geheimsekretär  Steinhoff nach Berlin geschickt mit dem Gruß aus einer langen Sommerfrische in Travemünde: Werte Frau Steinhoff , wir sind seit 8 Tagen hier in Travemünde wollen bis Mitte September hier bleiben…. 

Ostseebad Timmendorfer Strand, Strand u. Seebrücke 1934 (Geyer & Co., Breslau); Schöne Fotografie mit den üblichen um die Strandkörbe errichteten „Schutzburgen“. Die Karte wurde nach Minden i. W. geschickt
Ostseebad Boltenhagen, Seebrücke (O. Klinkmüller, Klütz u. Boltenhagen) 1939 an den Vater in Gelsenkirchen gesendet (Kind und Mutter?)
Ostseebad Arendsee, Strand und Seebrücke (Geyer & Co., Breslau) um 1930 (seit 1938 westlicher Teil des Ostseebades Kühlungsborn)
Gruss vom Ostseebad Brunshaupten 1901 (H. Rönnfeldt, Brunshaupten) mit Ostseehotel, welches nicht mehr besteht. Brunshaupten bildet seit 1938 den östlichen Teil von Kühlungsborn. Die Karte ist nach Schkeuditz gesendet und wahrscheinlich wegen Abwesenheit des Empfängers sofort weiter nach Groß Tabarz weitergeschickt worden (siehe folgende Adressseite), Die Reichspost hat einfach perfekt funktioniert, unvorstellbar heute.

Ostseebad Heiligendamm, Kurhaus, Grand Hotel und 10 Villen (Fliegeraufnahme um 1918, Verlag A. Beckmann, Hof-Photogr., Doberan und Heiligendamm). Das Ensemble des ältesten deutschen Ostseebades ist bis heute erhalten. Jedoch sind einige der Villen schon jahrzehntelang unsaniert leerstehend.
Warnemünde, Stralendorf’s Hotel (Werth Kunstanstalt, Braunschweig) 1897 nach Ratzeburg versendet mit interessanter Mitteilung, welche die Postkarten Sammelleidenschaft zum Inhalt hat: Lieber Rudolf! Es gibt hier so viele verschiedene Karten daß ich bis zu meiner Abreise an jedem Tage eine neue schicken könnte, dann hättest du sie noch nicht alle, dazu gehörte dann aber auch manches Fünfpfennigstück und die muß ich auch zusammenhalten… Das abgebildete Hotel, eines der ersten der Seepromenade, gibt es nicht mehr. Es stand neben dem Hotel am Leuchtturm, welches wenig später gebaut wurde und bis heute besteht.

Gruss aus Warnemünde 1898, Hafeneinfahrt und Hotel Hübner (Carl Hackbusch, Grossherz. Hofl., Rostock); Die Litho wurde nach Bayreuth geschickt. Das überaus beliebte Ostseebad Warnemünde hat ähnlich wie Travemünde (für Lübeck) als Hafeneinfahrt der Hansestadt Rostock eine lange Geschichte vor der Seebäderepoche. Beide Orte verbindet die voller maritimer Atmosphäre steckenden Ortskerne, welche einen schönen Kontrast zu den mondänen Promenaden bilden und neben dem regen Hafenbetrieb mit den Skandinavien-Fähren als besondere Sehenswürdigkeit gelten. Ich mag beide Ostseebäder sehr gern, Warnemünde ist mir allerdings im Sommer oder auch an Festtagen einfach zu voll. Das Hotel Hübner gibt es bis heute an gleicher Stelle, allerdings nicht in der damaligen Form.
Gruss aus dem Ostseebad Dierhagen, weiter ostwärts, schon auf dem Fischland, aber noch in Mecklenburg (Lithografie L. Hille), 1901 oder 1902 nach Berlin gesendet (ein Poststempel muss fehlerhaft eingestellt worden sein) siehe Adressseite:

 

Weiter geht es nach Vorpommern zur Insel Rügen

Binz auf Rügen, Strandleben am Kurhaus (Reinicke & Rubin, Magdeburg) 1903 nach Birkenwerder b. Berlin verschickt; Das abgebildete erste Kurhaus wurde 1890 eröffnet und brannte 1906 ab. Schon wenig später eröffnete ein imposanter Neubau, welcher seitdem und bis heute das markante Wahrzeichen des Ostseebades darstellt.
Binz auf Rügen; Strandpartie und Strandleben um 1900 (Reinicke & Rubin, Magdeburg). Binz war damals und ist bis heute das größte, mondänste und beliebteste Seebad der Insel. Das berühmte Ostseebad gehört mit seinem nahezu unveränderten historischem Charme zu den schönsten Destinationen an der deutschen Küste. Es ist eine wahre Freude die lange Promenade abzulaufen, die Bäderarchitektur auf der einen Seite und das Meer auf der anderen Seite zu bestaunen… .
Binz a. Rügen, Villenviertel am Strande (Reinicke & Rubin, Magdeburg) 1901 an Herrn Rittergutsbesitzer Schlesinger nach Klein Kutschen (Bz. Breslau) gesendet, siehe folgende Adressseite:

Binz, Ostsee: Landungsbrücke um 1902 (Mohr & Dutzauer, Leipzig); Abgebildet ist die erste Seebrücke des Ostseebades mit Brückenhaus, welche schon 1904 zerstört wurde und 1906 neu errichtet wurde. Diese stürzte 1942 ein und erst seit 1994 gibt es wieder eine Seebrücke in Binz.
Sellin a. R., Landungsbrücke (Ernst Paulsen, Richtenberg) 1907 nach Rixdorf bei Berlin gesendet. Ebenso wie Binz ist Sellin bis heute ein Kleinod der speziellen Rügener Bäderarchitektur. Die abgebildete 500 m lange Seebrücke wurde 1906 eröffnet und mehrmals schwer beschädigt, nach dem Krieg vernachlässigt und schließlich 1978 abgerissen. 1998 wurde nach historischem Vorbild eine neue Brücke eröffnet, welche rasch zum Wahrzeichen des Ostseebades geworden ist.
Göhren, Strandleben 1926
Baabe, Strandleben auf der Seebrücke um 1920; Die beiden Ostseebäder Baabe und Göhren schließen südlich an Sellin an. Die Fotokarten zeigen die Bademode der 1920er und die Freude am Strandleben

 

Inseln Usedom und Wollin, die damaligen „Berliner Badewannen“

 

Die Odermündung mit den Inseln Usedom und Wollin und den berühmten Seebädern um 1910

 

Zinnowitz, Brücke und Hotels am Strande (Reinicke & Rubin) 1903 nach Berlin gesendet; Das große Ostseebad im Nordwesten der Insel Usedom hat sich sein historisches Antlitz gut bewahrt, es ist immer noch noch eine Freude die zierreiche Bäderarchitektur zu bewundern. Die Häuser dieser schönen Ansicht bilden  auch heute (nachdem sie in den späten 1990er Jahren in ihrem historischen Antlitz restauriert wurden) noch, ergänzt von Neubauten, ein imposantes Ensemble von der Seebrücke. Wie überall in den Ostseebädern sind die damals neu gepflanzten Bäume nun über 120 Jahre später entsprechend gewachsen und verdecken einiges vom abgebildeten Panorama.

Zinnowitz, Strandleben am Damenbad (Römmler & Jonas, Dresden); 1901 nach Leipzig geschickt
Zinnowitz, Partien aus der Strandstraße (Reinicke & Rubin, Magdeburg), 1902 nach Herzogenburg in Niederösterreich gesendet; Die Strandstraße als Hauptstraße des Seebades zeigt sich gegenwärtig nach den Rekonstruktionen in den 1990er Jahren genauso schön wie auf dieser historischen Ansicht, mit der besonderen Usedomer Bäderarchitektur. Typisch für fast alle Ostseebäder führt diese Achse direkt zur Seebrücke.
Gruss aus Zinnowitz, Villen am Strande (Reinicke & Rubin, Magdeburg) 1901 nach Lemgo gesendet; Auch diese Häuserzeile ist weitgehend bis in die Gegenwart erhalten geblieben, natürlich sind auch hier die gerade angepflanzten Bäume gewachsen und verstecken den damaligen Blick vom Strand. Von der Promenade kann man diese Architektur jedoch gut bestaunen.
Ostseebad Zinnowitz, Seebrücke mit Brückenhaus  (H. Rubin & Co., Dresden) 1931 nach Berlin gesendet; Die abgebildete Seebrücke wurde 1908/09 errichtet und nach schweren Schäden durch Verwitterung und Packeis Ende der 1940er Jahre abgetragen. Erst seit 1993 gibt es die neu errichtete und sehr beliebte Vinetabrücke mit der Tauchgondel an gleicher Stelle in Zinnowitz.
Bansin, Strandleben mit Hotel Meeresstrand u. Dünenschloss 1904 (Louis Glaser, Leipzig), 1906 unter dem Absender Villa Meeresruh mit folgendem Gruß nach Berlin gesendet: Liebe Sophie! Bin seit Montag in Bansin, es ist herrlich hier, wir wohnen direkt am Strande, haben die Aussicht nach der Seehast Du meine Karte nicht erhalten? Schreibe recht bald… .  Die beiden Hotels kenne ich noch aus meiner Kindheit, von Bansin stammen meine frühesten Kindheitserinnerungen an die Ostsee. Ohne Not wurden beide schon kurz nach der Wende Anfang der 1990er Jahre abgerissen um Platz für hochfliegende Investitionen zu schaffen. Das Ergebnis war eine jahrzehntelange schmerzende Brache im Zentrum des Seebades, welche trotz zweier wuchtiger Neubauten immer noch nicht geschlossen ist. Die folgende Ansicht zeigt die Villa Aegir mit dem Basar welche sogar noch bis ca. 2010 direkt gegenüber der Brache des Meeresstrand stand. Doch selbst dieses Kleinod musste dem Bauboom weichen.
Bansin, Villa Aegir und Seestrasse 1905 (Reinicke & Rubin, Magdeburg); 1915 in die Perlberger Straße in Berlin N.W. verschickt
Seebad Bansin, Strandpromenade östlich der Seestrasse (Verlag M. A. Arnhold, Breslau XI) 1903 nach Charlottenburg-Westend geschickt, mit folgender Nachricht: Liebe Trude Herzliche Glückwünsche auf 9. Juni. Es ist hier noch ziemlich kalt. Sonntags habe ich ganz Sehnsucht nach Westend…. Glücklicherweise sind diese hölzernen Kleinode bis heute noch ein Blickfang an der Promenade. Das benachbarte Hotel Germania heißt nun Haus an der See. Die Ziergiebel am Hause sind nicht mehr vorhanden.

Ostseebad Bansin 1939 (Luftaufnahme  von Klinke & Co. Berlin S.W. 68), Strandpromenade an der Seestrasse mit den schon beschriebenen abgerissenen Hotels (links das inzwischen umgebaute Hotel Meeresstrand mit dem Kursaal, rechts der Seestraße die Villa Aegir mit dem Basar und rechts davon das Dünenschloss. Trotz dieser ortsprägenden Verluste besitzt das Seebad Bansin bis heute eine der schönsten Seebad Panoramen überhaupt, diese ist am eindrucksvollsten bei Sonnenaufgang von der Seebrücke zu bewundern. Ich liebe diese unverstellte Ansicht auf das Seebad Bansin und fotografiere hier immer wieder (siehe Fotogalerie Seaside).
Seebad Heringsdorf, Eingang zum Seesteg (M. Glückstadt & Münden, Hamburg) 1901; Die wohl prächtigste Seebrücke (auch Kaiser-Wilhelm-Brücke) an der deutschen Küste wurde 1893 eröffnet, war 500 m lang und mit Restaurants und Geschäften bestückt. 1958 wurde dieses, inzwischen marode, Schmuckstück durch Brandstiftung zerstört. Erst seit 1995 gibt es einen modernen Brückenbau mit gleicher Länge an gleicher Stelle, welcher zweifellos wieder der schönste der Deutschen Ostsee geworden ist. Die historische Postkarte ist beachtlich weit verschickt worden, an ein Fräulein in der Bukowina (damals K.u.K. Monarchie Österreich-Ungarn, siehe folgende Adressseite). Selbst für diese Entfernung benötigte die Post nur drei Tage (siehe Stempel). Heute befindet sich dieser Ort in der Ukraine unweit der Stadt Chernowitz.

Heringsdorf, Kaiser-Wilhelm-Brücke um 1900; Heringsdorf war das mondänste aller Seebäder Pommerns, hier verbrachte der Berliner Adel und Geldadel seine Sommerfrische, selbst der Kaiser war öfter hier und sorgte für den heute gebräuchlichen Namen Kaiserbäder, welcher Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck umfasst. Viele Villen mit bekannten Namen bedeutender Persönlichkeiten zeugen von der Vergangenheit. Leider wurde im Herzen Heringsdorfs zu DDR Zeiten das größte Hotel (ursprünglich Atlantic, seit 1951 unter dem Namen Solidarität ) 1979 abgerissen und durch den bis heute ortsbildbeherrschenden Plattenbau ersetzt. Das ist wahrlich eine schmerzende Wunde im Antlitz dieses schönen Ostseebades. Ich kann mich sogar noch an dieses Haus erinnern. Später, wenn ich mehr Zeit habe, werde ich noch weitere Ansichten, auch aus DDR Zeiten zum Vergleich hier mit einstellen.
Heringsdorf, Blick zur Brücke (Reinicke & Rubin, Magdeburg) 1901 nach Potsdam gesendet
Gruss aus Ahlbeck, Seebad (Panoramakarte von Robert Parow, Swinemünde); 1899 nach Schönwalde bei Berlin gesendet (siehe folgende Adressseite). Diese Künstlerkarte zeigt das Seebad von der Seebrücke, alle Gebäude sind markiert- eine wunderbare Arbeit- und eine meiner Lieblingskarten. Ahlbeck hat für mich ein besonderes Gewicht in der Reihe der deutschen Seebäder, denn einzig hier ist die abgebildete Meeresfront einschließlich der Seebrücke bis heute fast unverändert erhalten geblieben. So wundert es wenig, das ich auch viele Fotos auf meiner Galerie von diesem schönen Ostseebad zeige.

Ostseebad Ahlbeck, Seebrücke mit Strandleben (Gustav Hübner, Berlin S.O. 36); Die Karte ist 1910 nach Löbau in Sachsen gesendet worden. Bereits 1882 wurde die hier abgebildete Seebrücke errichtet. Erst 1930 kam der das verbindende markante Mittelteil des Restaurants hinzu und stellt mit dem hier noch fehlenden Promenadenweg, welcher um die Aufbauten führt, das Wahrzeichen Ahlbecks und der gesamten Insel Usedom dar.
Ostseebad Swinemünde, Strandleben an der Seebrücke (M. Gundlach, Swinemünde) 1902 nach Dannenberg /Elbe gesendet; Die größte Stadt auf Usedom war gleichzeitig Ostseebad und auch Hafenstadt, dort wurde diese imposante abgebildete Seebrücke 1898 dem Publikum übergeben. Sie diente weniger als Landungssteg (die Dampfschiffe der Stettiner Bäderlinien legten meist im Hafen an) sondern als „Laufsteg“ und Prestigeobjekt. Schon 1928 musste dieses schöne Bauwerk abgerissen werden. Swinemünde verlor zudem seine komplette vorderste Hotelreihe an der früheren Promenade. Das Ostseebad befindet sich nun auf der polnischen Seite der seit 1945 geteilten Insel, ist aber durch die Strandpromenade mit Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin verbunden. Seit 1990 ist in Swinemünde sehr viel in den Tourismus investiert worden, so entstand im östlichen Bereich des Ortes ein neues Viertel mit großen Hotels, Apartments, Gastronomie und Promenade. Mir fehlt hier allerdings der Charme der drei deutschen Kaiserbäder.
Swinemünde, Strandleben mit Kurhaus und der nicht mehr existierenden Uferfront (Mohr & Dutzauer, Leipzig 1907);  Diese schöne Strandszene (man beachte die damalige Strandkleidung der Herrschaften!) ist 1912 an den Berliner Zoologischen Garten geschickt worden.
Gruss aus Swinemünde, H. Ebert’s Strand-Conditorei und Logirhaus (Robert Parow, Swinemünde); Eine weitere wunderschöne Künstlerkarte von Parow, welche ein verlorenes Gebäude aus der ersten Strandreihe zeigt. Die Grusskarte ist 1901 nach Rathenow geschickt worden, siehe folgende Adressseite

 

Gruss aus Misdroy (weitere Künstlerkarte von Robert Parow, Swinemünde), 1903 nach Berlin N. 37 in die Straßburgerstr. geschickt; Misdroy war und ist das bedeutendste Seebad auf der Insel Wollin. Ich war mehrmals hier (erstmals schon als Kind) und spürte noch den Charme des alten Seebades, obwohl auch in Misdroy große Hotelanlagen entstanden sind. Seit Anfang der 1900er Jahre gibt es auch wieder eine Seebrücke welche man durch eine Galerie betritt, die von zwei Brückentürmen aus den 1920er Jahren flankiert wird und letzte Relikte der früheren Seebrücken bilden.
Gruß aus Misdroy mit Kurhaus und Strandhotel (ebenfalls eine Parow Arbeit) welche 1900 nach Dresden an eine Frau Gräfin Peralta-Renand gesendet wurde (siehe folgende Adressseite); Das Kurhaus gibt es sogar noch im Gegensatz zu dem Strandhotel.

 

 

Vom pommerschen Rewahl ostwärts bis in das ostpreußische Cranz

Ostseebad Rewahl, Hotel Seestern am Strandweg (Paul Raschdorff, Kolberg) 1909 nach Stettin gesendet; Den kleinen Badeort habe ich auch gesehen und meine sogar dieses Haus in veränderter Form dort wiedererkannt zu haben.
Gruss aus Kolberg, Strandschloss (C. Baumanns, Kolberg) 1902 nach Stettin gesendet; Das Strandschloss war das Aushängeschild des größten Ostseebades auf dem pommerschen Festland, welches damals neben den Stettinern auch stark von Berliner Sommerfrischlern gern besucht wurde. An dieser Stelle steht heute das Sanatorium Baltik. Kolberg ist jedoch weit mehr als ein Ostseebad, neben dem Hafen gibt es die Altstadt mit dem riesigen mittelalterlichen Backsteindom. Leider ist wenig von der historischen Bebauung erhalten, trotzdem ist die Stadt wieder zu einem gepflegten und von Deutschen gern besuchten Ostseebad geworden. Meine Eltern liebten diesen Ort und fuhren solange es ging regelmäßig hierher. Wir haben auch einmal ein paar Tage in Kolberg verbracht.
Gruss aus Rügenwaldermünde, Strandschloss (Ernst Grienow, R’münde) 1908 bis nach St. Paul, Minnesota (USA) geschickt siehe folgende Adressseite mit kurzer Nachricht an einen ausgewanderten Rügenwalder Freund? Lieber Ernst gut ami fest (rechts oben); Rügenwaldermünde war das erste Seebad Preußens (seit 1814 heute poln. Darlowko), gelegen an der Mündung der Wipper zwischen Kolberg und Stolpmünde. Das abgebildete Strandschloss gibt es nicht mehr.

 

Zoppot, Szene auf der Brücke mit Warmbad und Kurhaus (1905 C.A. Focke, Zoppot) 1909 nach Roßlau a. d. Elbe gesendet; Das berühmte Ostseebad Zoppot (heute poln. Sopot) liegt privilegiert in der Mitte der Danziger Bucht, flankiert von der Hansestadt Danzig (Gdansk) zur Rechten und der Hafenstadt Gdingen (Gydnia) zur Linken. Zoppot entwickelte sich schnell zu einem der berühmtesten, größten und mondänsten Seebäder der Ostsee überhaupt. Die Seebrücke, nun Molo genannt, ragt über 500 Metern in die See hinein und ist der längste Holzsteg der gesamten Ostsee. Der erste Steg wurde schon 1827 erbaut, seit 1928 gibt die Brücke auf der heutigen Länge und Breite. Das Flanieren auf diesem sehr breiten Steg ist ein Vergnügen, wir haben Sopot bei einem Tagesausflug von Danzig sehr genossen, hier herrscht eine sehr angenehme Stimmung welche durch ein vielfältiges kulturelles Angebot in alter Tradition und ein schönes Ambiente mit gepflegten Parkanlagen und Promenaden einladend wirkt.

 

Ostseebad Cranz, Corso (Reinicke & Rubin, Magdeburg) 1903 nach Breslau geschickt; Cranz war das beliebteste Ostseebad der Region Königsberg an der ostpreußischen Samlandküste. Heute ist es wie Königsberg ein Teil Russland’s und heißt nun Selenogorsk. Der alte Corso und Teile der historischen Gebäude existieren, allerdings in vereinfachter Form, sogar bis heute.

Cranz 1941 (Foto u. Verlag Fritz Krauskopf, Königsberg), das abgebildete Hotel Monopol steht bis heute in seiner Grundstruktur, den Seesteg gibt es an der Stelle nicht mehr. Ein Sommer mitten im Krieg…
Ostseebad Cranz (ebenfalls Krauskopf, Königsberg) aus den 1940ern

 

Westeuropäische Seebäder 

 

Weston-super-Mare, Grand Pier & Pavillon um 1905; Tolle Lithografie des Badeortes am Bristolkanal in North Somerset. Diese Karte mit Panorama, Strand, Seebrücke voller Besucher und Straßenbahn bildet den typischen Querschnitt eines viktorianischen Seebades in England um die Jahrhundertwende ab. Ähnlich sah es damals in Bournemouth, Brighton oder auch Blackpool aus. Der 1904 errichtete prächtige, zu der Zeit weit ins Meer reichende Grand Pier, wurde tragischerweise kurz nach Vollendung der aufwändigen Restaurierung durch ein Großfeuer 2008 zerstört. Ein schlichter Neubau lädt seit 2010 die Besucher wieder zum flanieren ein. Das einstige Seebad ist allerdings heute mehr ein von Industrie geprägter Vorort der Metropole Bristol.
Bournemouth, On the Pier, Flaneure auf der Seebrücke um 1905; Bournemouth an der südenglischen Kanalküste hat sich bis heute seinen Charme bewahren können. Die Seebrücke steht bis heute, allerdings mit veränderten Aufbauten. Wir haben den Badeort selbst schon besucht und waren angenehm überrascht vom feinsandigen Strand und den gepflegten Grünanlagen.
Blackpool, Panorama vom North Pier um 1910; Das größte englische Seebad an der Westküste in Lancashire hat bis heute drei Seebrücken, welche allerdings nun mit dem typischen billigen Amüsier- und Rummelbetrieb bestückt sind und damit viel von ihrem viktorianisches Flair eingebüßt haben. Ich war schon zweimal dort, habe trotzdem viele Relikte aus der Vergangenheit entdeckt und fotografisch festgehalten (siehe Galerie). Einen einzigartigen Blickfang in Blackpool boten zudem die doppelstöckigen Straßenbahnen, welche entlang der gesamten Uferfront verkehrten. Bei meinem zweiten Besuch war ich echt enttäuscht diese durch moderne Bahnen ersetzt zu sehen.
Eastbourne, Promenade und Pier in den 1940er Jahren; Die Seebrücke gibt es bereits seit 1870, wir haben sie im Jahr 2009 fast im hier abgebildeten Zustand vorgefunden und waren begeistert. Tragischerweise vernichtete ein Feuer 2014 fast ein Drittel der Aufbauten, welche aber anschließend neu bebaut worden sind.  Das mondäne Seebad in East Sussex an Englands Südküste mit seiner gepflegten, mit unzähligen Blumen bestückten, Promenade und den schneeweißen viktorianischen Fassaden der Uferfront zählt mit zu den Schönsten weltweit.
Brighton, Palace Pier 1951 (Lansdown Prod. Co., London); Das wohl berühmteste Seebad Englands (East Sussex) habe ich auch schon zweimal besucht. Die 1899 eröffnete, heute unter dem Namen Brighton Pier bekannte Seebrücke (von seinem noch älteren Gegenstück, West Pier ragt nur noch ein Gerippe des Pavillondachs aus dem Meer, siehe folgende Ansicht), ist Treffpunkt, Wahrzeichen und Mittelpunkt des bisweilen trubeligen Brightoner Strandlebens. Brighton Pier hat sich sein imposantes Antlitz weitgehend unversehrt bewahren können, lediglich der Pavillon auf der hintersten Plattform musste einem Vergnügungspark mit Riesenrad weichen. Das Seebad selbst ist in den Nachkriegsjahren teilweise mit wuchtigen Betonbauten verunstaltet worden. Heute strahlt das oft „London By The Sea“ genannte Brighton einen morbiden Charme aus, welchen ich fasziniert fotografisch eingefangen habe (siehe Galeriefenster Seaside).
Brighton, West Pier 1929; Schon 1866 wurde dieses gusseiserne Prachtstück erbaut, die Aufbauten wurden bis 1893 fertiggestellt. Die Seebrücke ist auch aus Konkurrenzgründen (Palace Pier) bewusst vernachlässigt und 1975 geschlossen worden. Während einer Sturmflut brach die schon renovierungsbedürftige Brücke 2002 zusammen und schon 2003 zerstörte ein Feuer den schon vom Ufer abgeschnittenen Pavillon. Nun gibt es lediglich das spektakuläre Gerüst des Pavillons als aus dem Meer ragendes Relikt, auch hier verweise ich auf meine Seaside Fotogalerie.
Cleethorpes, Strandleben am Pier um 1915; Das an der Humbermündung in Yorkshire gelegene Nordseebad haben wir 1992 auf unserer Nordenglandreise besucht und den hier abgebildeten Pierpavillon äußerlich fast unverändert vorgefunden. Innen und auch am Ufer hat sich der uns  abschreckende typische Billigrummel ausgebreitet.
Clacton-on-Sea, Flaneure auf dem Pier, 1906 nach London gesendet; Den Badeort in Essex unweit von London gibt es seit 1871. Über die, bis heute bestehende, Seebrücke kamen die Ausflügler per Dampfschiff aus London nach Clacton.
Deal, Flaneure auf dem Pier 1916 (Welch & Sons, Portsmouth); Wie  auch auf vorigen Ansicht von Clacton stehen die eleganten Ladys and Gentlemen im Mittelpunkt dieses Zeitdokuments. Die Seaside war einzig der Oberschicht vorbehalten. Die abgebildete Seebrücke ist die letzte noch existierende in der südostenglischen Grafschaft Kent und wurde 1864 erbaut (schon als Nachfolger eines 1838 erbauten Bauwerkes), seit 1957 hat Deal den bis heute bestehenden Brückenbau.
Boulogne-Sur-Mer, Badefreuden mit den typischen Badekarren um 1905; Boulogne liegt ganz im Norden von Frankreich unweit von Calais am Ärmelkanal und ist mehr als Hafenstadt bekannt. Der abgebildete Strand befindet sich direkt neben der Hafeneinfahrt, an Stelle des abgebildeten Kurhauses (?) wurde das moderne Meeresaquarium gebaut.
Nizza, Promenade des Anglais und Jetée (Seebrücke) 1936 nach Paris gesendet; Das größte und neben Cannes berühmteste Seebad an der Cote d‘ Azur hat sich seinen Charme und die Noblesse der Belle Epoque trotz einiger Neubauten an der Promenade bewahrt. Lediglich der Jetée fehlt seit den 1940er Jahren in diesem Panorama. In Nizza haben wir auch einmal Urlaub gemacht und entdeckten nicht nur das Weltbad mit Stil, sondern auch eine wunderschöne Altstadt (welche sich hinauf zur Zitadelle zieht), die geschäftige Neustadt und eine wichtige Hafenstadt.
Scheveningen, Strand und Kurhaus 1960 von meinem Onkel Manfred an seine Mutter Elfriede in Annaburg gesendet. Das größte holländische Seebad haben wir schon mehrmals besucht, auch in dem Kurhaus haben wir schon zweimal übernachtet. Wir verbrachten gern unseren Hochzeitstag hier, welcher genau auf ein jährliches spektakuläres Feuerwerksfestival auf dem Meer vor dem Seebad fiel. Strandkörbe gibt es hier nicht mehr, heute dominieren unzählige Strandbars, welche auch Liegen  anbieten den breiten Strand. Vieles hat sich auch an der Uferfront verändert, nicht immer zum Vorteil, dennoch ist es ein Genuss an der Promenade zu flanieren. Scheveningen bietet bei immer wieder wechselndem Licht großartige Fotomotive, wir haben hier schon die ganze Palette von Starkregen mit nachtschwarzen Regenwolken inc. Stromausfall im ganzen Ort bis zu schönstem Abendlicht an einem einzigen Tag erlebt (unser unvergesslicher Silberhochzeitstag!). Für mich ist es das Lieblingsseebad an der Nordsee überhaupt. Scheveningen ist Teil der Metropole Den Haag, welche ebenfalls immer für einen Besuch gut ist. In der Fotogalerie im Fenster Seaside zeige ich meinen Blick auf den Ort.

 

Abschließend ein Blick über den Atlantik 

 

New York City, Badende vor dem Iron Pier auf Coney Island 1903 (Detroit Photographic Co.) Diese imposante, schon zweite Seebrücke an dieser Stelle, wurde 1882 erbaut. Hier legten die Dampfschiffe mit den Ausflüglern aus Manhattan und Rockaway an. Doch schon 1911 zerstörte ein Feuer welches im benachbarten Vergnügungspark Dreamland ausbrach auch dieses Bauwerk.

Atlantic City, Boardwalk mit Steelpier bei Nacht um 1960 (Jack Longport, N.J.); Im inzwischen zum  Glückspielparadies mutierten einstigen Seebad (siehe vorige Ansicht)  an der Küste von New Jersey haben wir 2015 mehrere Tage übernachtet. In Erinnerung geblieben sind mir neben den Casinos der wunderbare weite fast menschenleere Strand bestückt mit den größten Muscheln, die wir je gesehen hatten. Atlantic City hüllte sich damals fast die ganze Zeit in einen feinen Nebel, welcher nur kurz mal von der Sonne weggeheizt wurde. Auf dem hier abgebildeten weltberühmten hölzernen Boardwalk haben wir etliche Kilometer zurückgelegt. Der Steelpier beherbergt heute einen, auf einer breiten Plattform über dem Meer befindlichen, Vergnügungspark mit Riesenrad. Allgemein hatten wir eher einen zwielichtigen Eindruck von einem Seebad auf dem „absteigenden Ast“.  In meiner Fotogalerie (Seaside) gibt es jedoch auch von dort schöne Motive zu sehen.
Manhattan Beach, Kalifornien 1957; Der Küstenort befindet sich an der South Bay im Einzugsbereich von Los Angeles. Den Pier gibt es bis heute, schön hier aber die damaligen Straßenkreuzer als Blickfang.

 

Montevideo, Strandleben an der Playa Pocitos; 1902 nach Buenos Aires versendet. Auch in Südamerika, wie hier in der Hauptstadt Uruguays, bot sich an den Stränden ein ähnliches Bild wie es die Einwanderer aus Europa gewohnt waren.

 

weitere Ansichten folgen immer mal wieder, einen Hinweis gibt es dann unter Aktuelles